Viele Jahre, in denen ich ein ganz großer Radsportfan war und jede Tour de France Etappe verfolgt habe, werden durch die Enthüllungen einfach ausgelöscht. Nichts der heroischen glorreichen Leitungen war wohl mit sauberen Mitteln erreicht worden...insgeheim wusste man oder vermutete, dass solche extremen Belastungen teilweise nur mit medizinischen Hilfsmittelchen zu erreichen sind und trotzdem wollte man dem ganzen Konstrukt glauben...aber es war letztlich nur wie ein schlechter Holllywoodstreifen...
Hier ein Artikel aus der Frankfurter Rundschau dazu:
LANCE ARMSTRONGSorgen ohne Ende
Von SEBASTIAN MOLL
Sorgen ohne Ende: Lance Armstrong. Foto: REUTERS
Im vergangenen Herbst, als die Untersuchungen gegen Lance Armstrong Fahrt aufnahmen, beschloss der Reporter Bill Gifford, sich einmal genau anzuschauen, was Armstrongs Krebsstiftung Livestrong mit den rund 60 Millionen Dollar im Jahr macht, die sie dank ihres Chefs einnimmt. Das Ergebnis war erwartbar ernüchternd. Für die Krebsforschung gab Livestrong praktisch nichts aus, dafür immense Summen für Marketing und Werbung. Giffords Fazit war, dass Livestrong und Armstrong im Grunde eine hohle Geldmachmaschine seien. Armstrongs Name bringt die Spenden, und die Stiftung sorgt im Gegenzug für Armstrongs guten Ruf als Krebsbekämpfer.
Nun ist das Gebilde dabei zu implodieren. Am Donnerstag gab Armstrong bekannt, dass er als Vorsitzender der Stiftung zurücktritt. Die Zukunft der Stiftung ist damit ebenso ungewiss wie die ihres Gründers. Alles hängt davon ab, ob sich Livestrong effektiv von Armstrong abgrenzen kann.
Doch das Schicksal seines Unternehmens, das er gerne als sein Lebenswerk bezeichnet, ist nicht das einzige Problem für Armstrong in diesen Tagen, in denen sich seine Talfahrt rasend zu beschleunigen scheint. Ebenfalls am Donnerstag gaben praktisch alle seine verbleibenden Sponsoren bekannt, ihre Zusammenarbeit mit Armstrong zu beenden. Die Zuwendungen der Firmen Anheuser Bush, Nike, Trek, Nissan und Radio Shack hatten ihm laut Schätzung von CNN jährlich 17,5 Millionen Dollar eingebracht.
Dahinter könnte die Furcht stecken, dass Nike in den Strudel der Untersuchungen gegen Armstrong hineingezogen wird. Der Bericht der amerikanischen Antidoping-Behörde Usada enthält unter anderem eine Behauptung von Kathy LeMond, der Frau des Toursiegers Greg LeMond, dass Nike Schmiergelder an den Radsportweltverband UCI bezahlte, um einen positiven Test von Armstrong zu vertuschen.
Das Ende der Sponsorenzuwendungen und die Sorgen seiner Stiftung werden Armstrong freilich noch nicht in die Sozialhilfe treiben. Sein Vermögen wird noch immer auf 125 Millionen Dollar geschätzt. 7,5 Millionen davon wird aller Voraussicht nach jedoch die Versicherungsgesellschaft SCA von ihm fordern. SCA hatte ihm für seinen fünften Toursieg eine Prämie von fünf Millionen Dollar ausgezahlt. Als erste Dopingvorwürfe gegen Armstrong laut wurden, forderte SCA dieses Geld jedoch sofort zurück. Die Firma verlor einen Prozess gegen Armstrong und musste den Betrag nebst Anwaltskosten zahlen. Nun will SCA das Verfahren erneut aufrollen.
Doch das ist nicht der einzige Prozess, der Armstrong möglicherweise noch bevorsteht. Es läuft noch immer eine Untersuchung des Justizministeriums gegen ihn wegen Veruntreuung von öffentlichen Geldern während der Zeit, in der die amerikanische Post Armstrongs Team US Postal Services sponserte. Hinzu könnte im Zusammenhang mit dem SCA-Verfahren eine Anklage wegen Meineids kommen. Ein baldiges Ende der Sorgen ist für Lance Armstrong vorerst nicht in Sicht.
(Frankfurter Rundschau)
Rasender Niedergang
Ein ehemaliger Gönner brachte im Interview mit dem amerikanischen Lebensartmagazin Outside die Lage von Livestrong treffend auf den Punkt: „Wer will schon einer Stiftung Geld spenden, die nicht nur von einem Betrüger gegründet wurde, sondern auch noch von einem, der darüber gelogen hat.“Doch das Schicksal seines Unternehmens, das er gerne als sein Lebenswerk bezeichnet, ist nicht das einzige Problem für Armstrong in diesen Tagen, in denen sich seine Talfahrt rasend zu beschleunigen scheint. Ebenfalls am Donnerstag gaben praktisch alle seine verbleibenden Sponsoren bekannt, ihre Zusammenarbeit mit Armstrong zu beenden. Die Zuwendungen der Firmen Anheuser Bush, Nike, Trek, Nissan und Radio Shack hatten ihm laut Schätzung von CNN jährlich 17,5 Millionen Dollar eingebracht.
Gerüchte um Schmiergelder
Besonders überraschend war die Kündigung von Nike. Das Unternehmen war stets stolz darauf, dass es Armstrong schon vor und während seiner Erkrankung unterstützt hatte. Noch in der vergangenen Woche hatte sich Nike mit Armstrong solidarisch erklärt. Jetzt wendete der Turnschuhmacher sich jedoch mit ungewöhnlich scharfen Worten von Armstrong ab. „Die Beweise, dass Lance Armstrong Nike mehr als ein Jahrzehnt lang irregeführt hat, sind unüberwindbar. Wir beenden deshalb mit großer Traurigkeit unsere Beziehung.“Dahinter könnte die Furcht stecken, dass Nike in den Strudel der Untersuchungen gegen Armstrong hineingezogen wird. Der Bericht der amerikanischen Antidoping-Behörde Usada enthält unter anderem eine Behauptung von Kathy LeMond, der Frau des Toursiegers Greg LeMond, dass Nike Schmiergelder an den Radsportweltverband UCI bezahlte, um einen positiven Test von Armstrong zu vertuschen.
Zentrale Aspekte im USADA-Doping-Report gegen Lance Armstrong
Foto: dapd
HINTERGRUND
Die amerikanische Anti-Doping-Agentur USADA wirft dem früheren Rad-Star Lance Armstrong jahrelanges Doping, Handel mit illegalen Substanzen sowie Einschüchterung von Teamkollegen vor. In einem umfangreichen und im Internet veröffentlichten Bericht an den Weltverband UCI zeichnet die USADA ein erschreckendes Bild der Vorgänge in Armstrongs Teams. Die zentralen Punkte des Reports gegen Armstrong, der Doping jahrelang offiziell bestritten hat...
HAUPTVORWURF
Die USADA wirft Armstrong sowie fünf weiteren Teambetreuern und Ärzten systematisches Doping von 1998 bis 2010 vor. Armstrong habe selbst unter anderem EPO-, Kortison-, Testosteron- und Blutdoping betrieben sowie viele Mannschaftskollegen dazu aufgefordert. Seine Teams seien von Anfang bis zum Ende „mit Doping verseucht“ gewesen.
BEWEISE:
Die USADA stützt sich vor allem auf eidesstattliche Erklärungen und Aussagen von mehr als zwei Dutzend Zeugen, darunter 15 Radprofis und elf ehemalige Teammitglieder von Armstrong. Darüber hinaus bietet die Behörde viele Dokumente wie Bankauszüge, E-Mail-Korrespondenzen, Labortests und wissenschaftliche Gutachten auf. Auf Unterlagen der US-Finanzbehörde, die Ermittlungen gegen Armstrong zuvor eingestellt hatte, musste die USADA dabei nach eigenen Angaben verzichten.
ANZAHL DER DOPINGPROBEN
Armstrong gab als Verteidigung stets an, in seiner Karriere mehr als 500 Mal negativ getestet worden zu sein. Diese Zahl streitet die USADA ab und rechnet mit rund der Hälfte. Außerdem habe es mehrmals positive Tests gegeben: Sechs wissenschaftliche EPO-Befunde der Tour 1999 seien zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung 2005 sportrechtlich nicht mehr verwertbar gewesen. Ein positives EPO-Ergebnis der Tour de Suisse habe Armstrong mithilfe der UCI verschleiert. Analysen von Armstrongs Blutprofilen zwischen Oktober 2008 und Januar 2011 lassen auf Blutdoping schließen. Die Chance, dass ein zu niedriger Retikulozyten-Anteil bei sieben Blutproben auf natürliche Weise zustandekam, beziffert ein Gutachter auf „kleiner als 1:1 000 000“.
ZEUGENAUSSAGEN
Die Berichte ehemaliger Teamkollegen zeichnen ein detailliertes Bild. Schon 1998, in seiner ersten Saison nach seiner überstandenen Krebserkrankung, habe Armstrong im Team US Postal Doping mit EPO, Kortison, Testosteron und dem Wachstumshormon HGH betrieben. Ein Jahr später sei bei der Tour erstmals ein Motorradfahrer („Motoman“) engagiert worden, um das Team unbehelligt mit Drogen zu versorgen. Danach sei die „Dopingverschwörung“ immer professioneller geworden.
TESTS
Um keine positiven Tests abzugeben, seien Armstrong und seine Kollegen zu gewissen Vorsichtsmaßnahmen aufgefordert worden. In den ersten Jahren habe es zum Teil schon genügt, den Kontrolleuren einfach die Wohnungstür nicht zu öffnen. Später hätten die Teamchefs um Johan Bruyneel stets im Voraus erfahren, wann ein Test anstand. Weil die Dopingkontrollen von Jahr zu Jahr intensiver wurden, habe sich Armstrong mitunter in Wohnungen von Teamkollegen versteckt. Zudem hätten die Team-Mediziner penibel genaue Zeitfenster für die Doping-Einnahme errechnet, um später nicht aufzufallen. Einen positiven Kortison-Test Armstrongs habe Teamarzt Luis Garcia del Moral durch ein gefälschtes nachträgliches Rezept verschleiert.
WICHTIGSTE HELFER
Die zentrale Figur ist der italienische Arzt Michele Ferrari, in der Szene bekannt als „Dottore EPO“. Laut USADA arbeitete Armstrong die ganze Karriere hindurch mit dem umstrittenen Mediziner zusammen, der in Italien Berufsverbot hat. Daneben war Teamchef Bruyneel der engste Vertraute des Texaners. Der Belgier habe junge Radprofis „auf schädlichste Art und Weise“ in „abgeklärte Doper“ verwandelt.
GRUPPENZWANG
Laut Zeugenaussagen hat Armstrong Doping in seinen Teams nicht nur gefördert, sondern auch gefordert. David Zabriskie etwa berichtete, durch den Leistungssport den Drogen aus dem Weg gehen zu wollen, die er für den frühen Tod seines abhängigen Vaters verantwortlich machte. 2003 aber sei er dann doch von Bruyneel überredet worden, EPO zu nehmen („Jeder macht das“). „Als ich in meine spanische Wohnung zurückkam, brach ich zusammen. Ich rief heulend zuhause an. Ich hatte dem Druck nicht standgehalten“, erzählte Zabriskie.
EINSCHÜCHTERUNG
Armstrong sorgte in seinem Team und im Peloton nicht nur für Respekt, sondern auch für Angst: Als der Italiener Filippo Simeoni aus einer gegnerischen Mannschaft 2004 gegen den Armstrong-Arzt Ferrari aussagte, wurde er vom Amerikaner während einer Tour-Etappe vor laufenden Kameras zurechtgewiesen. Den Ex-Teamkollegen Tyler Hamilton habe Armstrong in einem Restaurant körperlich bedroht („Wir machen dein Leben zur verdammten Hölle“), Levi Leipheimers Frau einschüchternde SMS geschrieben. Zudem habe er mehrfach versucht, andere Fahrer zu falschen eidesstattlichen Versicherung zu nötigen.
Doch das ist nicht der einzige Prozess, der Armstrong möglicherweise noch bevorsteht. Es läuft noch immer eine Untersuchung des Justizministeriums gegen ihn wegen Veruntreuung von öffentlichen Geldern während der Zeit, in der die amerikanische Post Armstrongs Team US Postal Services sponserte. Hinzu könnte im Zusammenhang mit dem SCA-Verfahren eine Anklage wegen Meineids kommen. Ein baldiges Ende der Sorgen ist für Lance Armstrong vorerst nicht in Sicht.
Rücktritt und Kündigung
Die Dopingenthüllungenum Lance Armstrong haben immer weitreichendere Folgen für den Betroffenen: Der Sportartikel-Hersteller Nike verkündete am Mittwoch das sofortige Ende des Sponsoringvertrags mit Armstrong. Kurz zuvor hatte dieser seinen Rücktritt als Chairman seiner Krebsstiftung „Livestrong“ bekannt gegeben. „Diese Organisation und ihre Mission liegen mir sehr am Herzen“, sagte Armstrong: „Um negative Auswirkungen für die Stiftung auszuschließen, werde ich nicht mehr als Chairman arbeiten.“
Der ehemalige Arztvon Armstrong, Michele Ferrari, hat sämtliche Anschuldigungen gegen sich zurückgewiesen. In einem Statement weist er die Anschuldigungen der Usada zurück und stellt die Aussagen der Kronzeugen infrage.
(Frankfurter Rundschau)
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