Los Angeles 1932: Spiele in Zeiten der Depression
Nur widerwillig sind die Europäer bereit, Olympia in den USA zuzustimmen. Schlechte Erinnerungen an die Spiele von St. Louis 1904 und hohe Reisekosten für Schiff und Zug schrecken ab. Die Folge: kleinere Teilnehmerfelder. Nur 1.332 Sportler - nach 3.014 vier Jahre zuvor - kommen nach Los Angeles. Auch in deutschen Zeitungen wird kontrovers diskutiert: einerseits Millionen von Arbeitslosen, aber andererseits ein teurer Trip in die Neue Welt? Am Ende macht sich eine 83-köpfige Delegation auf den Weg. Schließlich sind die Deutschen Gastgeber der nächsten Spiele. An Qualität mangelt es den Wettbewerben nicht: 18 Weltrekorde werden auf- oder zumindest eingestellt. Auch die Zuschauerzahlen sind rekordverdächtig: Mehr als 100.000 feiern die Eröffnung, rund zwei Millionen Zuschauer verfolgen die Spiele. Hollywoodstars wie Charlie Chaplin und Marlene Dietrich sorgen in den Stadien für Unterhaltung. Den Veranstaltern beschert Olympia einen Gewinn von etwa einer Million Dollar.
Foto-Finish im 100-Meter-Lauf
Die Frauen sind nach wie vor benachteiligt: Sie dürfen in höchstens drei Disziplinen starten - und wohnen auch nicht im Olympischen Dorf, das mit 550 Zwei-Bett-Bungalows, Krankenhaus, Poststelle und mehreren Restaurants Maßstäbe setzt. Mildred "Babe" Didrikson wird zum Symbol der fraulichen Vielseitigkeit. Sie gewinnt Gold im Speerwurf und über 80 m Hürden sowie Silber im Hochsprung - nach fragwürdigem Kampfrichterentscheid. Die 19-Jährige kann aber auch boxen und turnen, spielt Tennis und Baseball.
"Babe" Didrikson - Verdächtige Vielseitigkeit
Eigentlich hat sich US-Girl Mildred Didrikson gleich für fünf Leichtathletik-Wettbewerbe qualifiziert. So stark wie sie ist, wäre also fünfmal Edelmetall möglich. Frauen dürfen laut Regelwerk aber nur an drei Disziplinen teilnehmen. Didrikson muss eine Auswahl treffen. Den olympischen Funktionären ist das außerordentlich vielseitige "Wunderkind" aber auch prinzipiell ein Dorn im Auge: Denn die 21-Jährige, die schon als Jugendliche im Werfen und Rennen unschlagbar ist und außerdem als Boxerin, Tennisspielerin und im Baseball überzeugt, erregt das Misstrauen der "hohen Herren". Insbesondere mit ihren Verbindungen zum Profisport: Didrikson spielt im männlichen Baseballteam der Brooklyn Dodgers, wo sie zu Ehren der Baseball-Legende Babe Ruth den Spitznamen "Babe" erhält.
Geteilter Sieg, gemeinsamer Weltrekord
Nach ihrer phänomenalen Qualifikation für die Spiele - bei der sie sechs von acht Disziplinen gewinnt und allein mehr Punkte holt als ein komplettes Damen-Team - geht sie im Coliseum von Los Angeles dreimal an den Start und holt Gold im Speerwerfen und über 80 m Hürden (mit Weltrekord von 11,7 Sekunden). Im Hochsprung-Finale überquert sie ebenso wie ihre Teamkollegin Jean Shiley die Weltrekordhöhe von 1,65 m. Im Stechen scheitern beide an 1,67 m. Dann entscheidet die Jury, Didrikson aufgrund ihres "Western-Roll"-Sprungstils - mit dem Kopf zuerst über die Latte - auf Rang zwei zu setzen: Silber statt Gold für einen Weltrekord.
Von der Leichtathletik zum Golf
Nach dem Ende ihrer leichtathletischen Karriere sucht Didrikson eine neue sportliche Herausforderung - und findet sie beim Golf, erneut mit überragendem Erfolg. So gewinnt sie - als erste Amerikanerin - die Britischen Amateur-Golfmeisterschaften der Damen. Nach der Heirat mit Profi-Ringer George Zaharias avanciert sie zur überragenden Akteurin im internationalen Frauen-Golf. 1956 stirbt die Tochter eines norwegischen Schiffszimmermanns im Alter von 45 Jahren in Galveston/Texas an Darmkrebs. Ihr zu Ehren ist am Colosseum von Los Angeles - dem Olympiastadion von 1932 und 1984 - eine Gedenktafel angebracht.
Über 100 Meter gibt es ein "totes Rennen": Die beiden US-Amerikaner Eddie Tolan und Ralph Metcalfe überqueren gleichzeitig die Ziellinie. 10,38 Sekunden sagt die erstmals eingesetzte, aber noch nicht offiziell zugelassene elektronische Zeitnahme. Zum Glück gibt es - auch erstmals - ein Zielfoto. Bis das entwickelt ist, vergehen sieben Stunden. Aber es zeigt Tolan hauchdünn vor Metcalfe. Der Deutsche Arthur Jonath holt Bronze.
Japaner schwimmen davon
Beim Hockey sind die Inder wie schon vier Jahre zuvor die dominierende Mannschaft, auch wenn nur drei Teams am Start sind. Ihr Abo auf Gold wird noch bis 1956 Bestand haben. Ähnlich souverän präsentieren sich die Finnen im Speerwerfen - sie belegen alle Plätze auf dem neu eingeführten dreistufigen Siegerpodest. Die Japaner heben die Schwimm-Welt aus den Angeln: In der 4x200-Meter-Staffel hängen die Jungs aus Fernost die Gastgeber mit zwölf (!) Sekunden Vorsprung ab. Ex-Olympiasieger Johnny Weissmüller hält seine Stoppuhr für defekt: Doch der Weltrekord von 8:54,4 Minuten ist Realität. (sportschau)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen