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Freitag, 17. August 2012

Der richtige Sattel für Radler - Nachhilfe für Sitzenbleiber


DER RICHTIGE SATTEL FÜR RADLERNachhilfe für Sitzenbleiber

 Von ALEXANDER KRAFT
Fürs Auge: Moderne Sättel gibt es auch im Retro-Look. Foto: imago
Die Frage nach dem Sitzkomfort ist so alt wie das Radfahren. Mittlerweile gibt es eine Unzahl von Sätteln, die die perfekte Ergonomie versprechen. Sinnvoll oder alles für den Arsch? Unser Autor hat sich mit dem Thema auseinandergesetzt.

Jeder Mensch ist einzigartig. Heißt es. Folglich ist es auch sein Hintern. Was unter genetischen Gesichtspunkten attraktiv sein mag, auf dem Fahrrad wird es zum Problem. Denn obgleich die Zahl der Sättel riesig wirken mag – den ganz individuellen Poschmeichler für jeden herzustellen, das schafft die Industrie dann doch nicht. Aber sie versucht mit immer ausgeklügelteren Konstruktionen, der Physiognomie Rechnung zu tragen. Da wirken die vor einigen Jahren gefeierten Gelsättel oder jene mit Loch mitten in der Sitzfläche fast schon gestrig.
Das heißt umgekehrt für potenzielle Rad- oder Sattelkäufer: Sie müssen sich mit den Kehrseiten ein bisschen intensiver beschäftigen, als sie bis jetzt gedacht haben. Sattel sind kein Ding zum einfach Draufsetzen und Losfahren. Aber keine Bange, niemand muss deshalb zum Gesäßologen werden, mit einigen zentralen Informationen und ein bisschen Knowhow kommt man schon ganz schön weit.
Der Abstand zwischen den Sitzknochen verrät, welcher Sattel der richtige ist.
Der Abstand zwischen den Sitzknochen verrät, welcher Sattel der richtige ist.
Foto: imago
Sofaradler oder Profi?
Die erste Frage, die sich jeder beantworten muss, ist die nach seinen Fahrgewohnheiten: Für welchen Zweck brauche ich den Sattel? Wer nur Kurzstrecke und entspannt in aufrechter Haltung fährt, kann sich einen komfortablen Gelsattel gönnen.
Für Tourenradler kommt diese Sofa-Philosophie nicht in Frage. Sie brauchen es fester – es muss ja nicht wie bei den Profis enden, die ein Stück Carbon unterm Hintern haben, bespannt mit einem Hauch von Nichts. Das Problem bei fluffig-weich ist: Bei dem dauernden Geknatsche unterm Hintern wird alles kräftig durchgewalkt. Das Resultat sind wundgescheuerte Stellen.
Eine gewisse Härte – und damit abgehärtetes Sitzfleisch – muss schon sein bei Kilometerfressern. Das beschert ihnen aber ein anderes Problem: Das harte Material kann an einer ziemlich unangenehmer Stelle die Blutzufuhr abdrücken.
Entlastung lautete deshalb das Zauberwort, und zwar an der oder den richtigen Stellen. Dieses Kunststück versuchen all die mitunter recht ausgefallenen anmutenden Konstruktionen der jüngsten Zeit. Furore machten vor Jahren die Sättel mit Loch: Ein Längsschlitz in der Mitte, also genau da, wo es am meisten drückt: im so genannten Dammbereich. Das half zumindest einigen, die das Problem nicht aussitzen wollten. Aber viele fuhren weiter mit – im dümmsten Fall – Taubheitsgefühlen.
Abstand der Sitzknochen
Die Analyse ließ nicht lange auf sich warten: Mit dem Allerwertesten ist es genau so wie mit dem ganzen Menschen – er kann unterschiedlich groß/ breit ausfallen. Und so machten sich Ergonomiespezialisten, etwa bei Specialized mit dem Body Geometrie-Programm oder Ergon, daran und vermaßen jene Punkte, auf denen der meiste Druck beim Sitzen lastet: Sitzhöcker heißen die Knochen. Wie weit sie auseinanderliegen, kann man schon beim einfachen Selbstversuch heraus finden: Auf einem Stück Wellpappe drücken sich die Spitzen schön ein.
Die Idee dabei: Wenn der Abstand zwischen den Knochen und die Sattelbreite korrespondieren, sollte sich ein merklich besseres Sitzgefühl einstellen. Tat es auch – jedenfalls teilweise. Weshalb der Breitenabgleich kein Allheilmittel sein kann, zeigt sich an einer verblüffenden Zahl: Auch wenn die Menschen einzigartig sind, der Abstand der Druckpunkte variiert um gerade mal zwei Zentimeter. Weiter entwickelt hat diese Idee etwa SQlab (sprich: Äkulap). Zum einen propagieren sie einen Stufensattel mit abgesenkter Nase. Das entlastet den Dammbereich – außer man neigt dazu, beim Fahren von dem etwas höheren Sitzplateau herunter und nach vorne zu rutschen; dann verpufft der Effekt.
SQlab setzt noch einen drauf, indem sie dem Sattel ein Kippgelenk verpassen. Der Witz dabei: Der Sattel neigt leicht zur Seite und passt sich der natürlichen Beckenbewegung an: Sieben Grad, haben die Ergonomiespezialisten gemessen, kippt es bei der Tretbewegung ab. Fazit unseres ausführlichen Praxistests: Der mitgehende Sattel vermittelt ein höchst harmonisches Fahrgefühl.
Sattel kaufen
Das Wichtigste,insbesondere wenn man den unbequemen, alten Sattel austauschen will, ist , den Einsatzbereich genau zu definieren und die „Problemstellen“ zu identifizieren. Um eines, sagen alle Fachleute, kommt man aber nicht herum: Theorie ist gut, doch ohne Probefahrt gibt’s kein „Sitzt, passt, wackelt und hat Luft“.
Beim Preis gilt nicht:Je teurer, desto besser. Der Hintern passt sich nicht an, nur weil der Sattel 300 Euro kostet.
Bulle, Schlange und Chamäleon
Auf eine andere Philosophie setzt Fi’zi:k (Lautsprache für das Wort Physik). In Zusammenarbeit mit der Uni Padua haben sie drei Sitztypen ausgemacht und die schön plakativ benannt: Bulle, Schlange und Chamäleon. Die Idee dahinter: Die Menschen sind unterschiedlich beweglich. Manche können – mal als Beispiel – problemlos in die flache Rennrad-Haltung gehen, indem sie sich mit rundem Rücken an den Lenker schlängeln.
Das kann beim steifen „Bullen-Typ“ nicht klappen, er kippt das Becken stark nach vorne – und hat damit heftig Druck auf dem Dammbereich. Diesem Sitzverhalten kommt ein Sattel mit deutlich abgesenktem Mittelbereich entgegen. Nur nebenbei bemerkt: Wer sich anschaut, wie mancher Radler entgegen aller Vorgaben seinen Sattel beispielsweise mit stark abgekippter Nase montiert, dann greift das intuitiv diese Idee auf. Nachteil beim Do-it-yourself: Man rutscht leicht nach vorne ab.
Noch einen Schritt weiter geht der Marktführer Selle Italia. Der stellt bei der Eurobike in zwei Wochen in Friedrichshafen ein System vor, das die verschiedenen Ansätze vereint. Vorab verriet Produktmanager Christoph Werner der FR exklusiv, dass Selle sich mit der Kombination von Abstandsmessung und Becken-Flexibilität auseinandersetzt. Der Grund: Der Abstand der Sitzhöcker wird in aufrechter Position gemessen, lehnt man sich vor, verschiebt sich der Druckpunkt auf den Beckenknochen. Zusätzlich will Selle den Muskelapparat berücksichtigen. Ein Mensch mit mächtigen Oberschenkeln sitzt besser auf einem Sattel mit schmaler Nase. (FR)

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