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Samstag, 1. September 2012

"Ich bin wieder gleich" - Selbstvertrauen durch Sport


Hintergrund

"Ich bin wieder gleich" - Selbstvertrauen durch Sport

Vom Mirjam Bach, NDR Fernsehen
Diplom-Sportlehrerin Steffi Nerius im Training mit Behinderten-Weltmeisterin Vanessa Low © picture alliance / dpa Fotograf: Horst Ossinger
Diplom-Sportlehrerin Steffi Nerius (r.) im Training mit Behinderten-Weltmeisterin Vanessa Low.
"3, 2, 1 - ab!" Das Kommando von Trainerin Steffi Nerius erfüllt die Halle. Vanessa Low sprintet los. Und noch eine Runde. Der blonde Pferdeschwanz wippt, ihre Prothesen schwingen nach vorne, die Federn schnaufen. Vanessa auch. Erschöpft lehnt die Weitspringerin schließlich an der Wand: "Diese Schinderei. Das ist die Kehrseite der Medaille." Aber Nerius, selbst Speerwurfweltmeisterin, kennt keine Gnade mit ihren Schützlingen in der Behindertensport-Abteilung von Bayer Leverkusen: "Die sollen an ihre Grenzen gehen. Das ist gut fürs Selbstvertrauen. Ohne den Sport wären die meisten hier nichts."

Keine einfache Formel

Selbstvertrauen durch Sport - eine scheinbar einfache Formel: "Es gibt zahlreiche Studien, die belegen, dass Sport gerade für Menschen mit Behinderung das Selbstkonzept positiv beeinflusst", erklärt Dr. Volker Anneken vom Forschungsinstitut für Inklusion durch Bewegung. Sport stärkt also das Selbstvertrauen. So steht es auch im Handbuch Breitensport des Deutschen Behindertensportverbands (DBS). Doch ganz so einfach ist es nicht.

Für das richtige Sportangebot entscheiden

Jubel bei Kirsten Bruhn © dpa
Die beste Handicap-Schwimmerin der Welt: Kirsten Bruhn aus Neumünster.
Kirsten Bruhn bereitet sich in Neumünster auf die Paralympics in London vor. Für die beste Handicap-Schwimmerin der Welt werden es die dritten Spiele sein. Doch danach sah es lange Zeit nicht aus. 1991 ein Motorradunfall, die Diagnose: Querschnittslähmung. "Ich steckte in mir fest, habe keinen Sinn mehr gesehen." Es vergehen zehn lange Jahre, bis sie zum ersten Mal bei einem Schwimmwettkampf an den Start rollt. "Ich wollte mich damals nicht als Behinderte auf einem Wettkampf präsentieren. 'Dann ist mein Leben vorbei', habe ich gedacht. Ich war zu stolz dazu." Besonders für Unfallopfer ist eine behutsame Heranführung an den Sport wichtig. "Erwachsene, die nach einem Unfall behindert sind und dann behinderte Leistungssportler sehen, sind oft abgeschreckt, weil sie denken, dass sie das nie hinkriegen. Viele treiben erst mal gar keinen Sport", sagt Anneken. Selbstvertrauen gewinnt nur der, der sich für das richtige Sportangebot entscheidet.

Schaffen, was niemand für möglich hält

Low wurde 2006 von einem Zug erfasst, beide Beine mussten amputiert werden. Zwei Monate lang lag die damals 15-Jährige im Koma. "Alle haben mir zu Sitzvolleyball geraten. Aber ich wollte unbedingt zur Leichtathletik." Sechs Jahre später ist Low die einzige doppeloberschenkelamputierte Leichtathletin in der Weltspitze. "Mir gibt es Selbstvertrauen, dass ich etwas geschafft habe, was mir keiner zugetraut hat." Auch für Bruhn hat sich der Sprung ins kalte Wasser gelohnt. Durch die Wettkämpfe hat die 42-Jährige wieder zu sich gefunden. "Im Wasser kann ich alles. Ich bin wieder gleich. Das gibt Selbstvertrauen ohne Ende."

Häufig fehlen Angebote

Der DBS weiß um die positive Wirkung. 580.000 Behindertensportler trainieren in knapp 6.000 Vereinen. Dennoch fehlt es an flächendeckenden Angeboten - vor allem in ländlichen Gegenden. "Das ist ein großes Problem", sagt Anneken. "So wird Menschen mit Behinderung die Möglichkeit genommen, sich durch Sport Selbstvertrauen zu holen." Low zum Beispiel ist für bessere Trainingsbedingungen aus Ratzeburg (Schleswig-Holstein) nach Leverkusen gewechselt. Durch das Training hat sie Vertrauen zu ihren Prothesen gefasst: "Ich kann wieder auf meinen eigenen Beinen stehen - mit den anderen auf Augenhöhe." Nach der Trainingseinheit schnallt Low ihre Prothesen ab. Sie, die eben noch durch die Halle gewirbelt ist, sitzt ausgepowert auf den beiden Stümpfen, die von ihren Beinen übrig sind. "Hier in der Halle ist das kein Problem. Aber wenn Menschen mich nicht kennen, diese Blicke, da schäme ich mich." Der Sport kann eben nicht über alles hinweg helfen.
Stand: 22.08.2012 16:14 (sportschau)

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